21.11.2023

Vorstellungsrunden – der sicherste Weg, um ein Meeting erfolgreich in den Sand zu setzen

Newsbeitrag: Vorstellungsrunden

Ei­ne Ab­schieds­re­de für ei­ne schlech­te Ge­wohn­heit, die noch nicht tot­zu­krie­gen ist.
Von Su­san Čon­ka.

Kürz­lich ha­be ich es wie­der am ei­ge­nen Lei­be er­fah­ren: An ei­nem Mee­ting mit gut zwei Dut­zend Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mern star­te­te der Mo­de­ra­tor mit ei­ner «kur­zen» Vor­stel­lungs­run­de. Nach­dem je­der ein­zeln auf­ge­stan­den war und in un­ter­schied­li­chem De­tail­lie­rungs­grad Na­me, Funk­ti­on so­wie Er­fah­run­gen ge­nannt hat­te, wa­ren kur­ze 30 Mi­nu­ten um.


Die Wir­kung die­ser Run­de auf mich per­sön­lich: Von et­wa zehn mir bis da­to un­be­kann­ten Per­so­nen blie­ben mir 2 Na­men im Ge­dächt­nis. Be­züg­lich der rest­li­chen mir un­be­kann­ten Ge­sich­ter muss­te ich mir ein­ge­ste­hen, dass die Auf­nah­me­ka­pa­zi­tät mei­nes Hirns be­grenzt ist.  Bei et­wa 3 Per­so­nen, die ich zwar kann­te, aber lan­ge nicht ge­se­hen hat­te, blieb mir der un­an­ge­neh­me Mo­ment er­spart, beim Wie­der­se­hen all­zu pe­ne­trant auf das Na­mens­schild zu star­ren.


Die Wir­kung der Vor­stel­lungs­run­de auf die Grup­pe und den wei­te­ren Ver­lauf des Mee­tings:
Die zu­ver­läs­si­gen Re­de­füh­rer hat­ten sich ge­ou­tet, die durch Me­di­en auf Zwei-Mi­nu­ten-Auf­merk­sam­keits­span­ne Trai­nier­ten zück­ten un­auf­fäl­lig ih­re Smart­pho­nes oder wand­ten sich ih­rem Lap­top zu und die Lei­tung des Mee­tings war für den Rest der Zeit da­mit be­schäf­tigt, den aus den Fu­gen ge­ra­te­nen Zeit­plan ir­gend­wie wie­der ein­zu­ho­len.

War­um um al­les in der Welt macht man heut­zu­ta­ge Vor­stel­lungs­run­den, wo doch längst be­kannt ist, dass das mensch­li­che Hirn in Stand­by schal­tet, wenn wir vie­le In­for­ma­tio­nen li­sten­för­mig an­hö­ren müs­sen, oh­ne in In­ter­ak­ti­on oder Be­we­gung zu ge­hen, oh­ne un­ter­schied­li­che Sin­ne an­zu­spre­chen und oh­ne die Mög­lich­keit, das Ge­hör­te mit ei­ge­nen Er­fah­run­gen zu ver­knüp­fen? So et­was lang­weilt un­ser Hirn! War­um gibt es den­noch so häu­fig sol­che Vor­stel­lungs­run­den? Weil wir das ge­wohnt sind, weil man das im­mer schon so ge­macht hat, weil wir nichts an­de­res ken­nen. Und weil wir uns nicht fra­gen, wie sich sol­che Run­den auf die wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit aus­wir­ken.

In ei­ner Wei­ter­bil­dung, die ich selbst kürz­lich be­such­te, wid­me­ten wir uns ge­nau die­ser Fra­ge:


Was ma­chen «klas­si­sche» Vor­stel­lungs­run­den mit den Mee­ting­teil­neh­mern und wie wir­ken sie sich auf die Zu­sam­men­ar­beit und die Qua­li­tät des Mee­tings aus?


  1. Per­so­nen, die nicht ger­ne vor vie­len Men­schen spre­chen, müs­sen sich in ei­ner Vor­stel­lungs­run­de ex­po­nie­ren. Das ver­setzt sie in ei­nen un­an­ge­neh­men Zu­stand, sie füh­len sich nicht wohl und wer­den sich da­nach ent­spre­chend noch mehr zu­rück­zie­hen.
  2. Per­so­nen, die ger­ne re­den und viel Raum ein­neh­men, be­kom­men ei­ne Büh­ne da­für. Sie wer­den auch im wei­te­ren Ver­lauf gros­sen Ein­fluss auf das Mee­ting, die Zu­sam­men­ar­beit und die Er­geb­nis­se neh­men.
  3. Re­de­zei­ten sind von An­fang an un­gleich ver­teilt. Das eta­bliert sich da­mit au­to­ma­tisch für die wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit.
  4. Das Zu­hö­ren wird von An­fang an er­schwert. Da man sich die Na­men und wei­te­ren In­for­ma­tio­nen oh­ne­hin nur lücken­haft mer­ken kann und auch nicht ab­ge­fragt wird, was ich Ge­dächt­nis hän­gen ge­blie­ben ist, schal­ten wir au­to­ma­tisch auf «Durch­zug» und wer­den nicht zu ak­ti­vem Zu­hö­ren ani­miert.
  5. Vor­stel­lungs­run­den le­gen ei­nen gros­sen Fo­kus auf Sta­tus: Hier­ar­chi­en wer­den be­tont, «Re­vie­re» ab­ge­steckt, un­ter­schied­li­che Au­gen­hö­hen wer­den ze­men­tiert.

Al­ter­na­ti­ven für «klas­si­sche» Vor­stel­lungs­run­den

Ein Bei­spiel, wie ein gu­ter Ein­stieg in ein Mee­ting ab­lau­fen kann: Über­le­ge Dir Fra­gen für den Aus­tausch, zum Bei­spiel: «Was er­war­test Du heu­te von die­sem Mee­ting? Was sind Dei­ne Zie­le, was möch­test Du am En­de für Dich dar­aus mit­neh­men?» Die­se Fra­ge steht für al­le gut sicht­bar am Flip­chart oder an der Lein­wand und die Teil­neh­mer fin­den sich als Paa­re zu­sam­men. Je­der hat nun 2 Mi­nu­ten lang Zeit, dem Ge­gen­über sei­ne Ge­dan­ken zur Fra­ge zu er­zäh­len bzw. 2 Mi­nu­ten lang zu­zu­hö­ren. Nach 4 Mi­nu­ten wird der Aus­tausch ge­stoppt und je­der sucht sich ein neu­es Ge­gen­über, die Paa­re tau­schen sich wie­der 4 Mi­nu­ten aus. Das glei­che Spiel folgt dann noch ein drit­tes Mal, so dass sich je­de Per­son mit 3 an­de­ren Mee­ting­teil­neh­mern aus­ge­tauscht hat.

Wie wirkt sich ein sol­cher Ein­stieg auf das Mee­ting aus?

  1. Du bringst al­le Be­tei­lig­ten von An­fang an in Be­we­gung und in den Aus­tausch zu zweit oder zu dritt. Das schafft Ver­bind­lich­keit, per­sön­li­chen Be­zug und Ver­trau­en.
  2. Die Re­geln für das Mee­ting wer­den mit die­sem Ein­stieg klar de­fi­niert: Je­der kann je­den an­spre­chen, man kann im Raum auf­ste­hen und sich be­we­gen.
  3. Der Fo­kus liegt auf der Sa­che bzw. auf dem The­ma, nicht auf Sta­tus, Hier­ar­chie oder son­sti­gen Ri­tua­len und Ge­wohn­hei­ten.
  4. Je­der muss sich äus­sern, aber nie­mand muss sich vor ei­ner gros­sen Run­de ex­po­nie­ren.
  5. Re­de­zei­ten sind klar struk­tu­riert und be­grenzt, nie­mand kann sich mehr Raum neh­men als an­de­re.
  6. Zu­hö­ren wird «ver­ord­net», Be­zie­hun­gen wer­den ge­stärkt: Wenn man 2 Mi­nu­ten lang dem Ge­gen­über zu­hört, muss man sich in die Au­gen schau­en und kon­zen­triert sich auf den Men­schen und das, was er er­zählt. Das schafft Em­pa­thie und Ver­ständ­nis.
  7. Klar­heit über die ei­ge­nen Ge­dan­ken, Wün­sche und Er­war­tun­gen: Wenn man drei Mal er­zählt, was man er­war­tet, dann wer­den die ei­ge­nen Ge­dan­ken­gän­ge und Wor­te ge­schärft und man wird sich dar­über klar, was man selbst möch­te.
Am En­de ei­nes sol­chen Ein­stiegs wird ei­ne völ­lig an­de­re Stim­mung in der Grup­pe sein als nach ei­ner klas­si­schen Vor­stel­lungs­run­de. Die Teil­neh­mer tau­en beim Aus­tausch zu zweit auf, das Her­um­ge­hen im Raum ak­ti­viert, sie ver­ste­hen sich bes­ser und fin­den ge­mein­sa­me In­ter­es­sen und Zie­le. Sie füh­len sich viel mehr als Grup­pe. Da­für ist es nicht wich­tig, dass sie nach 12 Mi­nu­ten nicht al­le Na­men und Funk­tio­nen ken­nen. Sie wer­den sich bei der wei­te­ren Zu­sam­men­ar­beit und im Aus­tausch oh­ne­hin nach und nach ken­nen­ler­nen.

Und um sich mit Na­men an­spre­chen zu kön­nen, ge­nügt auch ein Na­mens­schild, auf dem auch die Ab­tei­lung oder das Un­ter­neh­men ver­merkt sein kann, wenn das denn wich­tig ist für den Er­folg des Mee­tings.


Und nun: Ru­he in Frie­den, Vor­stel­lungs­run­de! Die Hoff­nung stirbt zu­letzt.

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