Die Ökobilanz - Was ist das?
Es gibt mehrere Begriffe, die das Gleiche bedeuten:
- Life Cycle Assessment (LCA)
- Ökobilanz
- Lebenszyklusanalyse
Der deutsche Begriff Lebenszyklusanalyse trifft den Nagel auf den Kopf, da es bei Ökobilanzen darum geht, dass der gesamte Lebensweg eines Produkts berücksichtigt wird, um herauszufinden, wie sich das Produkt auf unser Ökosystem auswirkt. Die Grafik verdeutlicht das: Im Gegensatz zu dem braunen Bereich «cradle to gate», wo ein Produkt von der Wiege bis zum Werktor, an dem es den Hersteller verlässt, analysiert wird, geht es bei einer Ökobilanz um den Bereich, der in der Grafik lila mit «cradle to grave» - also von der Wiege bis ins Grab - gekennzeichnet ist.
Im Umweltbereich ist die Ökobilanz die Methode, um relevante Einflussfaktoren zu identifizieren und zu quantifizieren. Es gibt viele andere qualitative Methoden, aber der grosse Vorteil der Ökobilanz ist, dass sich damit Vergleiche auf einer quantitativen Ebene erstellen lassen.
Wie macht man eine Ökobilanz?
1. Ziel und Rahmenbedingungen definieren
2. Inventarphase, Erhebung der Daten
3. Bewertung/Berechnung der Umweltwirkungen
4. Auswertung und Interpretation der Resultate
Das Erstellen einer Ökobilanz ist ein iterativer Prozess, das heisst, man geht nicht starr von 1 bis 4 vor, sondern man fängt einmal an und stellt dann im Laufe der Arbeit fest, welche Daten vorhanden sind, wo allenfalls noch Daten erhoben werden müssen oder welche Rahmenbedingungen berücksichtigt werden müssen, die vielleicht nicht gleich von Beginn an klar waren.
Schritt 1
Ziel und Rahmenbedingungen
Ein Ziel zu definieren, klingt einfacher als es ist. Geht es darum, zwei Produkte miteinander zu vergleichen? Oder möchte man herausfinden, wo die «Hotspots» der Umweltbelastung in einem Unternehmen sind? Oder soll ein Prozess, wie zum Beispiel die Herstellung von Brot, auf seine Umweltauswirkung hin untersucht werden? Es lohnt sich, das Ziel klar zu definieren, damit die Ökobilanz auch die richtigen Fragen beantwortet bzw. sinnvolle Hebel für Verbesserungen aufzeigt.
Funktionelle Einheiten (fE) an konkreten Beispielen erklärt
Wenn man etwas miteinander vergleichen möchte, muss man herausfinden, pro was man vergleichen will, also die funktionelle Einheit definieren.
Beim Beispiel mit Süssungsmitteln macht es Sinn, pro gleicher Süsswirkung zu vergleichen, anstatt pro Kilogramm, da die Süsswirkung von einem Kilo Assugrin deutlich anders ist, als die Süsswirkung von einem Kilo Zucker.
Bei Katzenstreu ist der Vergleich der Menge pro Woche und Katze sinnvoll.
Erst wenn man die richtige «fE» findet, erhält man den fairen Vergleich der Umweltwirkungen für das jeweilige Produkt. Leider konnte sich Thomas nicht mehr an den Sieger unter den Süssstoffen erinnern. Er empfahl uns, aus gesundheitlichen Gründen auf alle drei zu verzichten. 😊
Beim Katzenstreu hatte das Produkt aus Holzresten mit Abstand am besten abgeschnitten.
Rahmenbedingungen
Neben dem Ziel sind zu Beginn auch die Rahmenbedingungen entscheidend. Es ist wichtig, dass man die Systemgrenzen absteckt. Man muss definieren, was genau in der Ökobilanz berücksichtigt wird und welche Art der Ökobilanz man durchführen möchte: Soll ein Produkt wie Katzenstreu analysiert werden, soll ein Herstellungsprozess untersucht werden oder eine Maschine, die allenfalls ersetzt werden soll? Oder geht es darum, die Umweltauswirkungen einer ganzen Organisation zu analysieren?
Schritt 2
Inventarphase – Erhebung der Daten
Bei diesem Schritt müssen die notwendigen Daten erhoben werden. Es stellt sich die Frage, welche Daten man benötigt und woher diese kommen. Die Grafik zeigt eine Übersicht für die Datenquellen.
Je nach Systemgrenze, die man definiert, steht die weisse Box in der Mitte der Grafik für das ganze Unternehmen, für einen Prozess oder die Herstellung eines Produkts.
Nachdem die gesammelten Daten zum Produkt, zum Prozess oder zum Unternehmen erfasst wurden, werden sie inventarisiert, das heisst, sie werden mit Hintergrunddaten aus offiziellen Datenbanken verknüpft. Diese Datenbanken wurden über viele Jahre von Institutionen, wie z.B. dem BAFU, generiert und werden als Vergleichswerte herangezogen. Die Inventarberechnung generiert dann eine riesige Liste an Emissionen. Diese Ergebnisse, die Sachbilanz, werden im nächsten Schritt bei der Bewertung kategorisiert und gewichtet.
Schritt 3
Bewertungsmethoden
Es gibt verschiedene Methoden, mit denen man die Ergebnisse aus der Inventarberechnung bewerten kann. Thomas stellte uns zwei häufig verwendete Methoden vor:
Bei der Bewertung des Treibhauspotenzials nach IPCC 2021 wird immer die Wirkung über die nächsten 100 Jahre betrachtet. Das Treibhauspotenzial zeigt nur eine von vielen Umweltauswirkungen auf. Wenn man sich nur auf das Treibhauspotenzial konzentriert, kann das je nach Thema auch zu Fehlschlüssen führen. Gerade im Nahrungsmittelbereich ist CO2 kein guter Indikator. Viele andere Umweltwirkungen müssen berücksichtigt werden, wie z.B. die Versauerung, Nährstoffanreicherung, Wasserknappheit oder der Einfluss auf Biodiversität oder Gesundheit.
Die Methode der ökologischen Knappheit – Ausrichtung auf die Umweltziele der Schweiz – wurde unter Mitarbeit des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) entwickelt und ist in der Schweiz inzwischen recht etabliert. Dabei werden die Ergebnisse aus der Inventarisierung, also das Sachbilanzergebnis, nach verschiedenen Kategorien charakterisiert und hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Schweizer Umweltziele gewichtet. Zum Schluss werden die Umweltauswirkungen in Umweltbelastungspunkten dargestellt, was eine gute und einfache Vergleichsmöglichkeit darstellt.
Einsatz der Ökobilanzierung
In diesen beiden Folien sind die Einsatzmöglichkeiten von Ökobilanzierungen beschrieben.
Die Erfahrung von Thomas zeigt, dass oftmals schon grobe Ökobilanzen, sogenannte Screening-LCAs, ausreichen, um erste Erkenntnisse zu gewinnen. Man muss nicht jedes Mal eine detaillierte Ökobilanz mit grossem Aufwand erstellen, denn klar ist auch: Die Methoden und Ergebnisse täuschen eine Genauigkeit vor, die nicht existiert. Einerseits sind für die Analysen häufig unvollständige oder ungenaue Daten vorhanden, andererseits ändern sich Rahmenbedingungen schnell und die Hintergrunddaten aus den Datenbanken sind häufig älteren Datums und können strukturell nicht genügend schnell an die sich verändernden Gegebenheiten angepasst werden.
Ökobilanz für Produkte
Beispiel Duschen
Wie dusche ich umweltfreundlicher bzw. welche Phase belastet die Umwelt am meisten?
- Herstellung des Shampoos
- Verpackung (Shampooflasche)
- Wasserverbrauch
- Abwasserbehandlung
Die Antwort auf diese Frage siehst Du in der Folie: Die Gebrauchsphase, also der Wasserverbrauch, belastet die Umwelt am meisten. Das Erwärmen des Wassers (im Beispiel wird das Wasser mit Gas erwärmt) schlägt hier am meisten zu Buche.
Das heisst: Möglichst kalt duschen, damit Du die Umwelt schonst. 😉
Ökobilanz für Produkte
Beispiel Mineralwassser aus der Glasflasche
Welche Phase belastet die Umwelt am meisten?
- Herstellung des Mineralwassers
- Verpackung (Flasche)
- Transport
- Nutzungsphase
- Abfallbehandlung
Beim Trinken von Mineralwasser aus einer Einweg-Glasflasche ist vor allem die Herstellung der Flasche belastend für die Umwelt. Das ist im Lebensmittelbereich aber eher ein atypisches Beispiel einer Ökobilanz, da bei vielen anderen Produkten die Umweltbelastung durch die Verpackung nicht so ins Gewicht fällt.
Ökobilanz für Produkte
Beispiel Laptop
Welche Phase belastet die Umwelt am meisten?
- Produktion des Laptops
- Verpackung
- Transport
- Nutzungsphase
- Abfallbehandlung
Die Produktion eines Laptops belastet die Umwelt im Vergleich zu den anderen Phasen, die in der Grafik ersichtlich sind, am meisten. Das ist typisch für elektronische Produkte – Handys haben ein ähnliches Resultat.
Eigentlich müsste man Computer und Handys so lange wie möglich brauchen, bis sie auseinanderfallen oder keine Software-Updates für die Hardware mehr verfügbar sind. Die Elektronik und die seltenen Erden schlagen hier mit vielen Umweltbelastungspunkten zu Buche.
Fazit der drei Beispiele
Diese drei Beispiele zeigen, dass die Berechnung der Umweltauswirkung von Produkten sehr komplex ist und manches, was wir für nützlich halten, wie zum Beispiel feste Shampoos zu nutzen, um Verpackung zu sparen, gar nicht so relevant ist. Sicher sind auch kleine Verbesserungen gut, aber wir müssen uns bewusst sein, wo die grossen Hebel liegen. Eine Ökobilanz kann– bei aller ihr innewohnenden Ungenauigkeit - zeigen, wo die «Hotspots» der Umweltbelastung sind und wo man ansetzen sollte, um die Belastung zu verringern.
Ökobilanz für Produkte
Vergleich Fischstäbli
Diese Studie zu den Fischstäbli hat Carbotech für den WWF gemacht und die Produkte dann auch gleich selbst auf geschmackliche Unterschiede getestet. Dem Resultat dieser Studie nach steht dem Kauf der pflanzenbasierten Sticks eigentlich nichts mehr im Weg und geschmacklich konnte das Carbotech-Team keinen Unterschied feststellen.
Ökobilanz für Produkte
Vergleich Fleisch - Fisch - Pflanzen
Diese Grafik zeigt die Umweltbelastungspunkte verschiedener Fleischwaren, Fische und Pilzen im Vergleich. Pilze stehen hier als Vertreter der pflanzenbasierten Proteine. Aus Umweltsicht klar die bessere Wahl als Fleisch oder Fisch.
Der Dorsch wird vielfach für die Produktion von Fischstäbchen verwendet und hat den niedrigsten Punktwert unter den analysierten Fischarten, weil es noch einen grossen Bestand an Dorsch in den Meeren gibt.
Süsswasserfisch oder Fische aus Bio-Zucht zu essen, ist also deutlich weniger belastend für unsere Umwelt als Sushi mit Thunfisch oder Lachs. Seeteufel und Wolfsbarsch stehen aufgrund ihrer massiven Überfischung an der Spitze der umweltbelastenden Menüs.
Allen, die gerne Fisch aus Wildfang essen und Tipps für die sinnvolle Auswahl suchen, empfahl Thomas den WWF-Ratgeber zu diesem Thema.
Fazit
Erkenntnis ist der erste Schritt zu Besserung.
Eine Ökobilanz ist nie genau! 20% Unsicherheit ist normal. Trotzdem ist die Ökobilanz derzeit die beste Methode, um eine Aussage über die Umweltauswirkungen von einem Produkt oder einem Unternehmen zu machen und dementsprechend gezielt Verbesserungsmassnahmen einzuleiten und um Menschen zu sensibilisieren.
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