30.11.2021

Wie man mittels DMAIC zwar keine Kühe, aber immerhin Seehunde vom Eis holen kann

Interview Camilla Streuli
Ca­mil­la Streuli ist Fach­spe­zia­li­stin in der Le­bens­mit­tel­si­cher­heit bei De­li­ca AG. In ei­nem In­ter­view nimmt sie uns mit auf die Rei­se an die Or­te, wo die Lecke­rei­en der De­li­ca AG ent­ste­hen.
Die De­li­ca AG küm­mert sich um die fei­nen Din­ge des Le­bens: Sie stellt Scho­ko­la­de und Snacks wie bei­spiels­wei­se Blé­vi­ta her, al­les seit Jah­ren in be­währ­ter Schwei­zer Qua­li­tät. Das tra­di­tio­nel­le Schwei­zer Un­ter­neh­men ent­wickelt und pro­du­ziert zahl­rei­che Ei­gen­mar­ken für die Mi­gros und für an­spruchs­vol­le Han­dels­part­ner im In- und Aus­land. Ca­mil­la Streu­li ist Fach­spe­zia­li­stin in der Le­bens­mit­tel­si­cher­heit. Sie hat un­ser CAS «Ope­ra­tio­nal Ex­cel­lence» be­sucht und die­se Ge­le­gen­heit ge­nutzt, um nach Ver­bes­se­rungs­po­ten­zia­len zu schnüf­feln.

Le­bens­mit­tel in gros­sen Men­gen zu pro­du­zie­ren ist ei­ne Her­aus­for­de­rung und sai­so­nal un­ter­schied­lich. Wel­che Pro­duk­te sind bei Euch ge­ra­de in Pro­duk­ti­on?


Ak­tu­ell be­fin­den wir uns im End­spurt, um all die lecke­ren Weih­nachts­spe­zia­li­tä­ten her­zu­stel­len. Na­tür­lich lau­fen un­se­re An­la­gen mit den Best­sel­lern Guetz­li, Gla­cen, Far­mer und Blé­vi­ta rund um die Uhr.


Zu­dem sind wir be­reits in der Vor­be­rei­tung für die Fas­nacht­schüech­li: Die Pro­duk­ti­on wird kurz vor Weih­nach­ten ge­star­tet.

Wel­che Rol­le spielt die An­la­gen­pro­duk­ti­vi­tät für die De­li­ca AG am Stand­ort Mei­len? Wel­che Zie­le wer­den dies­be­züg­lich ver­folgt?


Ziel ist es, mög­lichst al­le Ver­lu­ste zu iden­ti­fi­zie­ren, um sie zu eli­mi­nie­ren oder re­du­zie­ren, so dass die An­la­gen­ka­pa­zi­tät best­mög­lich aus­ge­schöpft wer­den kann. Da­zu ha­ben wir ein in­stal­lier­tes Shopf­loor- und Le­an-Ma­nage­ment, wel­ches mit­tel KPIs si­cher­stellt, dass al­le Pro­zes­se kon­ti­nu­ier­lich ver­bes­sert wer­den.


Ein KPI ist die Re­duk­ti­on des Aus­schus­ses. Als Aus­schuss gilt, wenn et­was nicht mehr ver­wer­tet oder in ir­gend­ei­ner Form ver­kauft wer­den kann. Dies kön­nen zum Bei­spiel Pro­duk­te sein, die auf den Bo­den fal­len, nicht die rich­ti­ge Grös­se ha­ben, zu leicht oder zer­bro­chen sind. Wenn mög­lich wer­den Pro­duk­te mit Qua­li­täts­ab­wei­chun­gen in un­se­rem «Per­so­nal-Lä­de­li» ver­kauft. Zum Bei­spiel wer­den Blé­vi­ta-Packun­gen, die nur 6 statt 8 Guetz­li be­inhal­ten, zu gros­sen Pa­ke­ten zu­sam­men­ge­schnürt und im «Lä­de­li» an­ge­bo­ten. Un­se­re Mit­ar­bei­ten­den lie­ben es, dass sie dort Pro­duk­te gün­stig ein­kau­fen kön­nen. Zer­brö­sel­te Blé­vi­ta hin­ge­gen kön­nen wir nicht als zwei­te Wahl ver­kau­fen. Die­se wer­den im bes­se­ren Fall als Re­work wei­ter­ver­wer­tet oder im schlech­te­ren Fall als Tier­fut­ter de­klas­siert.

Wel­che Rol­le spielt das The­ma Nach­hal­tig­keit bei Euch?


Als Leit­ster­ne die­nen der De­li­ca die fol­gen­den pio­nier­haf­ten Vi­sio­nen bis 2040:


«Wir wol­len 100% nach­hal­ti­ge Roh­stof­fe ein­set­zen, 100% er­neu­er­ba­re En­er­gi­en ver­wen­den und 100% re­cy­celn.»


Ein ak­tu­el­les und wich­ti­ges The­ma ist, den Food­wa­ste zu re­du­zie­ren. Das be­ginnt bei der Be­schaf­fung von Roh­ma­te­ria­li­en, geht über den Her­stel­lungs­pro­zess bis hin zur Über­le­gung, wie ein Pro­dukt ver­packt und in wel­cher Grös­se es dem Kon­su­men­ten zur Ver­fü­gung ge­stellt wird. Nur, wenn die ge­sam­te Her­stel­lungs- und Ver­teil­ket­te be­ur­teilt wird, ist das Re­sul­tat aus­sa­ge­kräf­tig.

Wie wer­den Pro­zess­ver­bes­se­run­gen bei Euch um­ge­setzt?


Das kommt ganz auf die Ver­bes­se­rungs­art an. Na­tür­lich wä­re es op­ti­mal, wenn man wäh­rend ei­ner lau­fen­den Pro­duk­ti­on Ver­bes­se­run­gen im­ple­men­tie­ren könn­te. Lei­der ist dies aber oft nicht mög­lich, da es Si­cher­heits-, Qua­li­täts- und Le­bens­mit­tel­si­cher­heits­vor­ga­ben gibt, wel­che ein­ge­hal­ten wer­den müs­sen, da­mit wir ga­ran­tie­ren kön­nen, dass nur si­che­re und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Pro­duk­te zu un­se­ren Kun­den ge­lan­gen.


Vie­le Ver­bes­se­run­gen wer­den des­halb wäh­rend ei­nes ge­plan­ten Pro­duk­ti­ons­still­stands um­ge­setzt. Je nach An­la­gen­aus­la­stung stellt uns dies im­mer wie­der vor lo­gi­sti­sche und pla­ne­ri­sche Her­aus­for­de­run­gen.

Im Rah­men des CAS «Ope­ra­tio­nal Ex­cel­lence» hast Du Dich mit ei­ner kon­kre­ten Pro­zess­ver­bes­se­rung aus­ein­an­der­ge­setzt. Wor­um geht es da­bei?


Bei den Eis­lut­schern, z.B dem «See­hund Glace», kann es vor­kom­men, dass das Holz­stän­ge­li schräg im Glace ein­ge­setzt wird, ab­bricht oder zwei Stän­ge­li ein­ge­setzt wer­den. Dies führt zu Aus­schuss und Kun­den­re­kla­ma­tio­nen und gilt als Ver­lust.


Wir ha­ben mit der Six Sig­ma-Me­tho­de «DMAIC Zy­klus» ein Pro­jekt ge­star­tet, um Ur­sa­chen bei den «See­hund Glace» zu iden­ti­fi­zie­ren, Lö­sun­gen zu fin­den und schliess­lich um die Ver­lu­ste in der Pro­duk­ti­on zu re­du­zie­ren.


Die Me­tho­de war für mich sehr hilf­reich, da sie vor­gibt, wel­che Fak­to­ren wann zu be­ur­tei­len sind. Bei ei­nem Six Sig­ma-Pro­jekt geht es nicht um Ver­mu­tun­gen oder Ein­drücke, son­dern durch den DMAIC Zy­klus wer­den Hy­po­the­sen er­stellt, wel­che durch Zah­len be­stä­tigt wer­den. Folg­lich kann die tat­säch­li­che Ur­sa­che iden­ti­fi­ziert und der Pro­zess nach­hal­tig ver­bes­sert wer­den.


Bei un­se­rem «See­hund Glace» ha­ben wir im Pro­jekt die Hy­po­the­se er­ar­bei­tet, dass Tem­pe­ra­tur­ab­wei­chun­gen im Zehn­tel­grad­be­reich wäh­rend des Her­stell­pro­zes­ses be­reits da­zu füh­ren kön­nen, dass ein Stän­ge­li schräg im Glace steckt. Ak­tu­ell ve­ri­fi­zie­ren wir ge­ra­de, wie gross die Aus­wir­kung in Wirk­lich­keit ist. Der näch­ste Schritt wird sein, Lö­sun­gen zu su­chen, um den Pro­zess sta­bi­ler zu ge­stal­ten.

Vie­len Dank für das In­ter­view, lie­be Ca­mil­la. Wir wer­den an Dich den­ken, wenn wir im näch­sten Som­mer wie­der die fei­nen «See­hund Glace» es­sen wer­den. 😉

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