Was braucht es heute, um eine Chance auf Erfolg zu haben? Und auf Excellence?
Wer mitspielen will, muss neugierig sein,
muss sich begeistern lassen und Freude an der Mit- und Umgestaltung haben. Das
sind die neuen Regeln. Rezepte, Modelle und Kriterienkataloge helfen uns – wenn
sie gut sind – allenfalls, Fragen zu stellen, in den Spiegel zu schauen und zu
reflektieren. Für alles andere brauchen wir einen phänomenalen Partner: das
menschliche Hirn.
Wer das versteht, hat eine Chance auf Erfolg. Und auf
Excellence. Darum heisst Business Excellence heute vor allem: Das Hirn
verstehen und mit Hirn führen. Jeder, der heute Unternehmen führt,
Verbesserungsprojekte leitet, Qualität managt und Veränderungsprozesse
begleitet, sollte sich bestens mit dem Wunderwerk in unserem Kopf auskennen,
und zwar vor allem mit dem Unbewussten Teil.
Hirnforscher, die aktuellste Erkenntnisse aus der Wissenschaft auf anschauliche Weise in die Praxis transferieren, leisten da gute Dienste. Namen wie Gerald Hüther, Eric Kandel oder Gerhard Roth sollten heute jeder Führungskraft geläufig sein. Sie machen es uns leicht, fröhlich eine Reise durch das Hirn anzutreten, um zu lernen und uns selbst und unsere Organisationen der Exzellenz ein Stückchen näher zu bringen.
Auf der Reise begleitet uns ein einfaches Beispiel: Nehmen wir an, Sie sind Führungskraft und möchten in Ihrem Team ein Kanban – System einführen, um einen besseren Überblick über alle laufenden Projekte zu haben. Sie teilen das dem Team per Mail mit.
Der Thalamus ist quasi die bissige Rezeptionistin
unseres Bewusstseins. Wie eine richtig gute Vorzimmerdame ist er höchst
selektiv. Um hier vorbeizukommen, muss man sich was einfallen lassen. Was
richtig Gutes, Überraschendes.
Wie stehen da die Chancen mit Ihrer Kanban – Info? Nun, wenn Ihre Mitarbeiter sehr selten Mails bekommen, haben Sie beste Chancen. Dann ist es etwas Besonderes, Aussergewöhnliches. Wenn Sie normalerweise nie eine Neuerung vorschlagen – umso besser. Dann ist die Überraschung geglückt, herzlichen Glückwunsch! Sie haben nun freie Bahn zur nächsten Station.
Der Hypothalamus steuert körperliche
Zustände wie Hunger, Kreislauf, Körpertemperatur. Und er ist Chef der
Geschwister Sympathikus und Parasympathikus, also unseres vegetativen
Nervensystems. Zusammen mit der Hypophyse sorgt er für die Lieferung von
Hormonen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Kurz gesagt: von hier aus erfolgt
die Kundenbetreuung verschiedener Körpersysteme.
Für unser Projekt Kanban-System brauchen wir Aktivierung im Körper. Ein bisschen schnelleren Puls, etwas höheren Blutdruck – es muss nicht gleich das Herzklopfen der Verliebtheit sein, aber etwas freudige Erregung und leuchtende Augen für das neue Projekt sollte Ihre Mail schon auslösen beim Team.
Hier geht es um ganz basale Gefühle und
Grundsatzentscheidungen. Hier passiert «Like» oder «Dislike», noch bevor wir
selbst etwas davon bemerken. Die Mandelkerne sind unsere Detektive im Kopf. Sie
funktionieren schnell, unauffällig, glasklar, radikal.
Wenn Ihre Mitarbeitenden eine ähnliche Mail schon mal bekommen haben und das als Bedrohung empfinden, haben Sie hier verloren. Zudem kommt es nun auf Sie selbst an: wenn Sie von dem Projekt überzeugt sind und sich darauf freuen, werden die Mandelkerne Ihrer Teammitglieder es zu schätzen wissen. Sie reagieren nämlich stark auf Emotionen im Gesicht unseres Gegenübers. Allerdings sollten wir uns an dieser Station dann wohl fragen, ob es besser gewesen wäre, wenn Sie die Neuerung dem Team direkt mitgeteilt hätten.
Hier treffen Bewegung und Motivation
aufeinander. Alle Bewegungsroutinen wie Radfahren, soziale Routinen und
Alltagsrituale sind hier abgespeichert und führen ihr liebes Eigenleben – wir
sind nämlich immer noch im unbewussten Teil unseres Hirns!
Das heisst für unser
Kanban-Projekt: wenn unsere Teammitglieder bisher immer am Teammeeting den
Projektstand ausgetauscht haben, Excel-Listen oder Post it – Übersichten
geführt haben, müssen wir hier eine Hürde überwinden. Und weil wir eine Routine
durchbrechen wollen, MUSS es sich anfangs anstrengend und mühsam anfühlen, wenn
wir Erfolg haben wollen. Um unser Team «in Bewegung» für neue Abläufe zu
bringen, brauchen wir Motivation. Praktischerweise ist die im Hirn an der
gleichen Station zu Hause. Mit dem richtigen Cocktail an Botenstoffen, vor
allem Dopamin, entsteht hier das «Wollen». Und wenn unsere Bemühungen mit
Erfolg belohnt werden, dann liked unser Hirn hier mit ordentlich Endorphinen.
Klassische Konditionierung, wie es Herr Pawlow schon vor gut 100 Jahren beschrieb. Nehmen wir einmal an, Sie versprechen den Teammitgliedern nach dem ersten vollständig abgewickelten Kanban-Projekt einen feinen gemeinsamen Apéro. Wenn das Motivation genug ist, fängt das Rad an zu drehen mit dem Dopamin, alle machen mit und zum Schluss gibt es Belohnung mit Canapés und Endorphinen. Fragt sich allerdings, ob das dann auch nach dem 17. Projekt funktioniert? Da kommt uns zum Glück die übernächste Station im Hirn gelegen.
An dieser Station haben Sie sich schon oft
die Zähne ausgebissen. Wie hiess noch der Mann, dem ich eben am Kongress
begegnet bin…??? Genau, im Hippocampus sind wir im Lager angekommen. Hier
kommen alle Daten und Fakten rein, werden eingelagert und bei Bedarf wieder
abgerufen. Nur funktioniert das nicht immer so zuverlässig mit ein- und
auslagern.
Wenn Sie aus der Information zum Kanban eine Geschichte machen und
die Geschichte mit Bewegung verknüpfen, also zum Beispiel auf dem Weg zur
Cafeteria erzählen oder am Flip-Chart entwickeln, während das Team rundherum
steht, dann sind Ihre Chancen auf eine gute Einlagerung viel höher.
Beim Abrufen der Information spielt dann das Stress-Level Ihrer Leute mit: wenn alle am Anschlag sind, verweigert der Hippocampus seine Arbeit. Ein gesundes Stressniveau und genügend Schlaf werden der Erinnerung Ihrer Teammitglieder hingegen Flügel verleihen.
Hier wird es nachhaltiger mit der
Belohnung. Und hier sind wir in unserem Bewusstsein angekommen, direkt hinter
der Stirn. Wenn Ihr Team in der Arbeit mit dem Kanban-System Sinn und Nutzen
sieht, werden hier die Dopamin-Cocktails aus den Basalganglien ordentlich
aufgepeppt. Dann wird Ihr Team auch in Zukunft auf Listen und Post it
verzichten, denn hier entscheiden wir uns ganz freiwillig für langfristige
Verhaltensänderungen.
Falls Sie sich an dieser Stelle gerade fragen, was das
für unsere herkömmlichen Anreizsysteme wie Bonuszahlungen und Co. bedeutet –
Gratulation, Sie haben das Hirn verstanden! Wenn es um Nachhaltigkeit geht,
kann der alte Pawlow nämlich noch lange mit seinem Glöckchen klingeln. Führen
mit Incentivierung und Sanktionierung ist tatsächlich wirkungslos, wenn es um
nachhaltige Veränderungen geht.
Manche Hirnforscher proklamieren sogar, dass Belohnung genauso gefährlich wie Bestrafung sei, da beide jegliche intrinsische Motivation killen. Menschen wollen inspiriert und begeistert werden. So geht heute Excellence.