09.12.2021

Erfolgreich mit Nachhaltigkeit in der Bekleidungs- und Textilindustrie


Nachlese QQ-Impuls

SAQ-QUALICON AG

Die glo­ba­le Tex­til­in­du­strie stellt ei­nen der wich­tig­sten, wei­ter­wach­sen­den Wirt­schafts­sek­to­ren dar. Sie birgt aber gleich­zei­tig auch enor­me so­zia­le und öko­lo­gi­sche Her­aus­for­de­run­gen, zu­mal heu­te ein Gross­teil der Her­stel­lung von Tex­ti­li­en im Aus­land er­bracht wird. Ob­wohl Um­welt­ver­träg­lich­keit in der Be­klei­dungs- und Tex­til­in­du­strie ein viel­dis­ku­tier­tes The­ma ist, ver­ur­sacht die Bran­che noch im­mer ei­nen viel zu gros­sen öko­lo­gi­schen Fuss­ab­druck. Mun­tagnard woll­te das an­ders ma­chen: Sie ent­wickel­ten ein Ge­schäfts­mo­dell für Be­klei­dung, das kom­plett neue An­sät­ze ver­folgt.


Da­rio Pi­ro­vi­no, Grün­der und Ge­schäfts­füh­rer von Mun­tagnard, nahm uns vir­tu­ell mit auf sei­ne Rei­se, die er und sein Ge­schäfts­part­ner mit ih­rem Un­ter­neh­men bis heu­te ge­macht ha­ben und zeigt, dass es an­ders geht und das sehr er­folg­reich!

Der Be­darf an Klei­dung wird vor­aus­sicht­lich wei­ter stei­gen: Ge­mäss WWF von 62 Mil­lio­nen Ton­nen im Jahr 2015 auf 102 Mil­lio­nen Ton­nen 2030. Die­ser pro­gno­sti­zier­te An­stieg des welt­wei­ten Be­klei­dungs­be­darfs wird wei­te­re Um­welt­be­la­stun­gen und Ri­si­ken schaf­fen. «Busi­ness as usu­al» ist we­der für die Wirt­schaft­lich­keit der Bran­che noch für den Pla­ne­ten auf lan­ge Sicht ei­ne Op­ti­on.

Um fi­nan­zi­ell er­folg­reich zu blei­ben, müs­sen Un­ter­neh­men ih­re Um­welt­be­la­stung re­du­zie­ren und die öko­lo­gi­schen Gren­zen un­se­res Pla­ne­ten re­spek­tie­ren. Des­halb hat sich Mun­tagnard «re­thin­king tex­ti­les» auf ih­re Fah­ne ge­schrie­ben und ver­steht Nach­hal­tig­keit nicht als Ziel, son­dern als He­bel für ei­ne kon­ti­nu­ier­li­che Wei­ter­ent­wick­lung.

Wie kam es zu Muntagnard – welche Rolle spielte dabei «Nachhaltigkeit»?

Bei­de Grün­der von Mun­tagnard, Da­rio Pi­ro­vi­no und Da­rio Grü­nen­fel­der, ka­men nicht aus der Tex­til­bran­che. Sie hat­ten aber be­reits wäh­rend des Stu­di­ums In­ter­es­se am The­ma Nach­hal­tig­keit und konn­ten im Be­rufs­le­ben auch schon Er­fah­rung dies­be­züg­lich sam­meln. Als sie bei­de «ins Blaue» ge­kün­digt hat­ten, wuss­ten Sie noch gar nicht, was sie an­bie­ten wür­den. Sie nah­men sich die Zeit, um her­aus­zu­fin­den, was ih­nen wich­tig war und wo sie den Schwer­punkt le­gen woll­ten.

Da­bei kam her­aus, dass es ein «hap­ti­sches Pro­dukt» sein soll­te. In die Tex­til­bran­che sind sie dann mehr oder we­ni­ger fast schon zu­fäl­lig ge­rutscht: Sie woll­ten zu­sam­men die per­fek­te Jacke kre­ieren. Nicht nur in Be­zug auf den Tra­ge­kom­fort, son­dern auch in Be­zug auf die Nach­hal­tig­keit. Ziel war:


  • Kei­ne Syn­the­tik
  • Kei­ne Baum­wol­le


Da bei­de kei­ne Bran­chen­er­fah­rung hat­ten, spra­chen sie mit mög­lichst vie­len Fach­per­so­nen, be­such­ten ver­schie­den­ste Tex­til­mes­sen und Vor­trä­ge zu in­no­va­ti­ven Ent­wick­lun­gen in der Tex­til­bran­che. Sie eig­ne­ten sich lau­fend im­mer mehr Fach­wis­sen an und lern­ten ste­tig da­zu.


In ei­ner an­fäng­li­chen Nai­vi­tät dach­ten sie: «Das kann doch nicht so schwie­rig sein» und rech­ne­ten da­mit, dass sie be­reits in drei bis vier Mo­na­ten das Pro­dukt lan­cie­ren könn­ten. Nach dem Start 2018 dau­er­te es dann doch tat­säch­lich 2 ½ Jah­re, bis die Jacke auf den Markt kom­men konn­te.

Ganz nach dem Mot­to «Gut Ding will Wei­le ha­ben» wur­de wäh­rend die­ser Zeit das Ge­samt­kon­zept bzw. die Mar­ke lau­fend wei­ter­ent­wickelt. Da­bei war den bei­den Grün­dern der Sinn hin­ter Mun­tagnard schon sehr früh klar: «Wir glau­ben an Nach­hal­tig­keit als wirk­sa­men He­bel für in­no­va­ti­ve Lö­sun­gen. Un­ser An­satz ist grund­le­gend an­ders, wo­bei wir die in­no­va­ti­ve und be­geh­rens­wer­te Wahl für all je­ne bie­ten, die kei­nen Kom­pro­miss zwi­schen Kom­fort, Qua­li­tät, Stil und Nach­hal­tig­keit ein­ge­hen wol­len.»


Sie hat­ten bei ih­rem Vor­ge­hen ei­nen er­heb­li­chen Vor­teil: Das The­ma Nach­hal­tig­keit muss­te nicht nach­träg­lich ins Un­ter­neh­men im­ple­men­tiert wer­den, son­dern war von An­fang an ein Teil der DNA von Mun­tagnard.

Wie ist Muntagnard vorgegangen, einen Nachhaltigkeitsansatz zu entwickeln? Wie setzen sie diesen um?

Die Tex­til­bran­che ist sehr kom­plex. Und ge­nau­so kom­plex sind ge­wis­se Fra­ge­stel­lun­gen, die man nicht ein­fach so be­ant­wor­ten kann, wie zum Bei­spiel: «Wel­che Fa­ser ist nach­hal­ti­ger: Me­ri­no Wol­le oder Po­ly­ester?»


Die Ant­wort kann hier we­der Me­ri­no noch Po­ly­ester sein. Die kor­rek­te Ant­wort wä­re: «Es kommt dar­auf an». Wenn man beim Ma­te­ri­al Me­ri­no Wol­le al­les mit­be­rück­sich­tigt, dann kommt die­se nicht wirk­lich gut weg: Das Schaf stösst Me­than­gas aus, es braucht viel Fut­ter und Was­ser, bis die ent­spre­chen­de Men­ge an Wol­le ge­won­nen wer­den konn­te und vie­les mehr. Wenn man hin­ge­gen nur dar­auf ach­tet, dass Me­ri­no Wol­le na­tür­lich ab­bau­bar und selbst er­neu­er­bar ist, emp­fin­det man die­se als nach­hal­ti­ger.

Es gibt im­mer Pro und Con­tra – egal, wie man sich ent­schei­det. Das Ab­wä­gen und Be­rück­sich­ti­gen al­ler Fak­to­ren, um auf die idea­len Lö­sun­gen zu ge­lan­gen, war für Mun­tagnard ein lan­ger Pro­zess. Sie er­ar­bei­te­ten hier­für ex­tra ei­nen Nach­hal­tig­keits­an­satz, der de­fi­niert, was für die zwei Grün­der «grund­le­gend an­ders» heisst:


Aus­wahl in­no­va­ti­ver Pre­mi­um-Ma­te­ria­li­en für die Kreis­lauf­wirt­schaft

  • Al­le Ma­te­ria­li­en müs­sen re­cy­cel­bar sein
  • Al­le Ma­te­ria­li­en müs­sen bio­lo­gisch ab­bau­bar sein
  • Grund­sätz­lich kei­ne Misch­pro­duk­te – sind bes­ser re­cy­cel­bar und bes­ser bio­lo­gisch ab­bau­bar


Rück­ver­folg­ba­re Wert­schöp­fungs­ket­te mit nach­hal­ti­gen Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen

  • Wis­sen, wo­her al­le Ma­te­ria­li­en kom­men – auch das Roh­ma­te­ri­al
  • Wis­sen, wie das Ma­te­ri­al her­ge­stellt wird bzw. wie das Ma­te­ri­al ver­ar­bei­tet wird (ge­färbt, wei­ter­ver­ar­bei­tet etc.)


Re­sul­tat: Pro­duk­te – grund­le­gend an­ders

  • Hoch­wer­ti­ge und qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Pre­mi­um-Pro­duk­te

Ziel ist es nicht, dass Mun­tagnard sel­ber ent­wickelt, son­dern best­mög­li­che Ma­te­ria­li­en und In­no­va­tio­nen zu ei­nem hoch­wer­ti­gen Pro­dukt zu­sam­men­führt. Hier­für ha­ben sich die bei­den Grün­der ein gros­ses Netz­werk auf­ge­baut und ar­bei­ten mit in­no­va­ti­ven Fir­men zu­sam­men.


Dar­aus ent­stand bei­spiels­wei­se das Garn aus Holz­fa­ser. Da­rio war selbst er­staunt, wie weich sich das Ma­te­ri­al an­fühlt. Oder die Ver­wer­tung von Schwei­zer Wol­le, die ein Mi­nus­ge­schäft für die Bau­ern dar­stellt, aus wel­cher ein Stoff mit ei­nem ei­gens ent­wickel­ten Garn her­ge­stellt wird. Ein wei­te­res Bei­spiel ist die Ver­wer­tung von Hirsch­le­der aus der Jagd, das in der Ver­gan­gen­heit von nie­man­dem ver­wer­tet wur­de. Die­ses wird nun für die Le­der­tei­le an der Jacke ver­ar­bei­tet.


Doch nicht nur bei der Pro­duk­ti­on der Ma­te­ria­li­en, son­dern auch bei der Fer­ti­gung setzt Mun­tagnard auf «Swiss­ness» und hat Schwei­zer Part­ner ge­fun­den, wel­che die hoch­wer­ti­gen Pro­duk­te fer­ti­gen.

Wo geht es hin? Pro­dukt­port­fo­lio, Po­si­tio­nie­rung, Rou­te to Mar­ket

In Zu­kunft möch­ten Da­rio Pi­ro­vi­no und sein Ge­schäfts­part­ner, dass Mun­tagnard be­kann­ter wird in der Schweiz. Mit ei­ner grös­se­ren Pro­duk­ti­on soll dann mehr Ge­winn er­wirt­schaf­tet wer­den, mit dem das an­ge­streb­te Wachs­tum er­reicht wer­den kann. Ob­schon die Pro­duk­te im Hoch­preis­seg­ment an­ge­sie­delt sind, wer­fen sie auf­grund der «Swiss­ness» und der Nach­hal­tig­keit nicht so viel Ge­winn ab, wie her­kömm­lich bzw. gün­sti­ger pro­du­zier­te Wa­re.

Zu­dem wird das Pro­dukt­port­fo­lio lau­fend er­wei­tert. Neu kommt Fol­gen­des hin­zu:


  • Jacken wer­den wei­ter mo­di­fi­ziert – mehr Ma­te­ri­al­va­ri­an­ten
  • Schals – Strick­wa­ren
  • Pre­mi­um Ca­su­al We­ar – Holz­fa­ser und Baum­wol­le, die al­len Mun­tagnard-Kri­te­ri­en ent­spre­chen
  • Pre­mi­um Per­for­mance We­ar


Bei der Pre­mi­um Per­for­mance Wa­er wer­den – an­ders, als am An­fang an­ge­dacht – neu auch öl­ba­sier­te Ma­te­ria­li­en ein­ge­setzt, da sie hier zur Er­kennt­nis ka­men, dass na­tür­li­che Ma­te­ria­li­en nicht so gut ge­eig­net sind für Sport­tex­ti­li­en. Der Lö­sungs­an­satz Stand heu­te: Po­ly­amid, da die­ses Ma­te­ri­al bes­ser ab­bau­bar ist als Po­ly­ester.

Bei der Po­si­tio­nie­rung und dem Ver­trieb ist ge­plant, dass sich Mun­tagnard im Pre­mi­um-Be­reich po­si­tio­niert. Die Fo­kus­sie­rung auf die Di­rekt­ver­käu­fe für den di­rek­ten Kun­den­kon­takt wird er­wei­tert mit stra­te­gi­schen Ko­ope­ra­tio­nen zu aus­ge­wähl­ten De­tail­händ­lern.


Die Ver­kaufs­or­te sol­len wei­ter aus­ge­baut wer­den – in ei­nem Jahr sol­len die Pro­duk­te in 30 bis 40 Or­ten er­hält­lich sein.

Wel­che Wett­be­werbs­vor­tei­le er­ge­ben sich durch den An­satz?

Die Vor­tei­le sind viel­fäl­tig: Ne­ben mehr In­no­va­tio­nen in den Pro­duk­ten und Ge­schäfts­mo­del­len er­ge­ben sich in der Lie­fer­ket­te ei­ne hö­he­re Trans­pa­renz, ei­ne bes­se­re Nach­ver­folg­bar­keit und Di­rekt­kon­tak­te bis hin zum Roh­ma­te­ri­al. Dies för­dert die Glaub­wür­dig­keit des Un­ter­neh­mens, was schwer zu er­ar­bei­ten, aber dann un­be­zahl­bar ist.

Ein Bei­spiel ei­nes neu­en Ge­schäfts­mo­dells war der prak­ti­sche Schlauch­schal für die Win­ter­sport­ler, wel­cher wäh­rend der Co­ro­na-Kri­se ent­wickelt wur­de: wär­men­der Schal und schüt­zen­de Ge­sichts­mas­ke in ei­nem. Da es hier drei ver­schie­de­ne Schwei­zer An­bie­ter gab, grün­de­te man kur­zer­hand ein Spin-off, so dass nun al­le drei An­bie­ter sich nicht mehr kon­kur­ren­zie­ren, son­dern zu­sam­men mit der Mar­ke «Swiss Mask Force» im Markt sind.

Schluss­fol­ge­rung

Nach­hal­tig­keit er­for­dert, an­ders zu fra­gen, an­ders zu ent­schei­den und an­ders zu den­ken. Und doch lohnt sich Nach­hal­tig­keit für ein Un­ter­neh­men:


  • Nach­hal­tig­keit wird im­mer wich­ti­ger
  • Kun­den sind be­reit, für fair und nach­hal­tig her­ge­stell­te Pro­duk­te fai­re Prei­se zu zah­len
  • Nach­hal­tig­keit ist ein nach­prüf­ba­res Qua­li­täts­kri­te­ri­um
  • Nach­hal­tig­keit stärkt ein po­si­ti­ves Image
  • Spar­sa­mer Res­sour­ce­n­um­gang senkt Ko­sten
  • Nach­hal­tig­keit als Schutz vor so­ge­nann­ten «Shits­torms»
  • Nach­hal­tig­keit zur Kun­den­bin­dung
  • Nach­hal­tig­keit für die Mit­ar­bei­ter­ge­win­nung
  • Wett­be­werbs­vor­tei­le durch Nach­hal­tig­keit


Und wann be­ginnst Du in Dei­nem Un­ter­neh­men, Nach­hal­tig­keit zu in­te­grie­ren? Wir sind über­zeugt, dass Nach­hal­tig­keit nicht nur Be­dürf­nis­be­frie­di­gung für Sta­ke­hol­der ist, son­dern viel­mehr als Trei­ber für In­no­va­ti­on und neue Ge­schäfts­mo­del­le wirkt. Si­cher­lich ist ei­ni­ges Um­den­ken nö­tig und es gibt sehr viel zu ler­nen und zu be­ach­ten. Doch es lohnt sich! Al­so lass Dich nicht auf­hal­ten und fang jetzt an, Dei­ne Nach­hal­tig­keits-Ide­en für Dein Un­ter­neh­men zu ent­wickeln und Dei­ne Sta­ke­hol­der für die­ses The­ma zu sen­si­bi­li­sie­ren und zu be­gei­stern.

Wie die Bergler unsere Welt erobern

Video QQ-Impuls

Wir ha­ben Dir den ge­sam­ten QQ-Im­puls auf­ge­zeich­net, so dass Du Dich auch im Nach­hin­ein über die­ses in­ter­es­san­te The­ma in­for­mie­ren kannst.


Im Vi­deo siehst Du auch die Fra­gen der QQ-Im­puls-Teil­neh­men­den und in­ter­es­san­ten Ant­worten von Da­rio!


Die ak­tu­el­len QQ-Im­pul­se fin­dest Du hier.

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Text: An­ja Zell

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