20.01.2022

Artikel 58a KVG: Wie man dem Bedrohlichen ganz pragmatisch die Maske abnehmen kann

Newsbeitrag: Artikel 58a

Der re­vi­dier­te Ar­ti­kel 58a des Kran­ken­ver­si­che­rungs­ge­set­zes be­schäf­tigt der­zeit das Ge­sund­heits­we­sen: Per 1. April 2022 sind al­le Lei­stungs­er­brin­ger ver­pflich­tet, Mass­nah­men zur Qua­li­täts­ent­wick­lung um­zu­set­zen. Was das ge­nau heisst, ist für vie­le Ärz­te, The­ra­peu­tin­nen und In­sti­tu­tio­nen nicht ganz klar. Die Ver­bän­de der Lei­stungs­er­brin­ger sind ge­fragt, mit den Kran­ken­ver­si­che­rern Qua­li­täts­ver­trä­ge zu ver­han­deln. In so ei­ner Si­tua­ti­on ist es wich­tig, Ge­stal­tungs­spiel­räu­me zu ken­nen und zu nut­zen. Wer mit­re­den will, be­nö­tigt Ba­sis­wis­sen zum Qua­li­täts­ma­nage­ment. War­um es sich lohnt, sich da­mit aus­ein­an­der­zu­set­zen und wie man ei­nen ein­fa­chen Ein­stieg in Qua­li­täts­ent­wick­lung fin­den kann, zeigt uns Su­san Čon­ka an­hand ei­nes kon­kre­ten Bei­spiels ih­rer Le­bens­er­fah­rung auf:

«Schon als Kind brann­te ich dar­auf, ein­mal ein Ste­tho­skop in den Hän­den zu hal­ten. Ge­nau wie mei­ne Kin­der­ärz­tin woll­te ich das ma­gi­sche Ge­rät still und mit kon­zen­trier­tem Blick über Herz und Lun­ge an­set­zen, um dann wie ein gros­ser Zau­be­rer die be­deu­tungs­vol­len Wor­te aus­zu­sp­re­chen: «Es ist al­les in Ord­nung.» Dann be­gann ich mein Me­di­zin­stu­di­um. Und zu An­fang stand nicht et­wa das be­gehr­te Ste­tho­skop, son­dern ab­strakt­de­hy­dri­er­te Din­ge wie Bio­che­mie. Nach drei Se­me­stern und zwei er­folg­lo­sen Prü­fungs­ver­su­chen stand für mich fest: Die­se Dis­zi­plin ist nutz­los, ma­li­gne und dient al­lein der Schi­ka­ne von Me­di­zin­stu­den­ten, die es im Zu­ge der da­zu­mal vor­herr­schen­den «Ärz­te­schwem­me» zu se­lek­tio­nie­ren galt. Mei­ne Ret­tung in Rich­tung Ste­tho­skop war dann Flo­ri­an Horn mit sei­nem Lehr­buch «Bio­che­mie des Men­schen». Das Wis­sen war über­sicht­lich struk­tu­riert, in ver­ständ­li­che Wor­te ver­packt und mit ein­leuch­ten­den Bil­dern er­gänzt.


Plötz­lich wur­de das un­ge­lieb­te Fach zum Spass­fak­tor. Ne­ben­ef­fekt: Prü­fung be­stan­den.

Heu­te ar­bei­te ich nicht mehr als Ärz­tin, aber an die Bio­che­mie den­ke ich trotz­dem sehr häu­fig. Näm­lich dann, wenn Qua­li­täts­for­de­run­gen im Ge­sund­heits­we­sen laut wer­den. Die Ko­in­zi­den­zen zwi­schen Bio­che­mie und Qua­li­täts­ma­nage­ment sind un­über­seh­bar: Die Spra­che ist Fach-Chi­ne­sisch, der Nut­zen scheint auf den er­sten Blick eher frag­lich, ei­ne Ma­li­gni­tät kann nicht rest­los aus­ge­schlos­sen wer­den. Höch­ste Zeit al­so, dem ver­meint­lich Be­droh­li­chen die Mas­ke ab­zu­neh­men.


Qua­li­täts­ma­nage­ment be­deu­tet: Sy­ste­ma­tisch vor­ge­hen.


Health Pro­fes­sio­nals tun es die gan­ze Zeit, oh­ne sich des­sen be­wusst zu sein: Sie ar­bei­ten nach der Sy­ste­ma­tik des Qua­li­täts­ma­nage­ments. Der Fach­be­griff da­für ist PDCA – Plan, Do, Check, Act.»

Ansatz von William E. Deming

PDCA – Plan, Do, Check, Act

PLAN: Ist-Si­tua­ti­on, Zie­le und Check­zeit­punkt be­stim­men

Ein Pa­ti­ent kommt in die Haus­arzt­pra­xis mit Sym­pto­men ei­ner ar­te­ri­el­len Hy­per­to­nie. Der Haus­arzt hat ei­nen Plan. Als er­stes er­hebt er die Ana­mne­se. In Qua­li­täts­spra­che: Kon­text und Ist-Ana­ly­se. Er misst den Blut­druck, be­stimmt La­bor­pa­ra­me­ter. Das ist «ZDF» – Zah­len, Da­ten, Fak­ten. Er de­fi­niert den Blut­druck-Ziel­wert, der un­ter ei­ner The­ra­pie er­reicht wer­den soll und über­legt, wel­che The­ra­pie­optio­nen be­stehen. Und dann ent­schei­det er sich mit dem Pa­ti­en­ten für EI­NE The­ra­pie­opti­on und macht den näch­sten Kon­troll­ter­min ab.


DO: Die Um­set­zung star­ten

Nun star­tet die The­ra­pie. Falls so ent­schie­den, wird der Pa­ti­ent nun mit der Me­di­ka­men­ten­ein­nah­me be­gin­nen und selbst re­gel­mäs­sig sei­ne Blut­druck­wer­te do­ku­men­tie­ren.


CHECK: Kon­trol­lie­ren zum de­fi­nier­ten Zeit­punkt

Zum ver­ein­bar­ten Ter­min wer­den Blut­druck­wer­te, Me­di­ka­men­ten­ver­träg­lich­keit etc. über­prüft. Sind die Ziel-Blut­druck­wer­te er­reicht, folgt nun das ACT.

Ist das Ziel nicht er­reicht, geht es zu­rück zum DO: Die Me­di­ka­men­ten­do­sis wird an­ge­passt, die Me­di­ka­ti­on wird viel­leicht ge­wech­selt oder aug­men­tiert. Ein er­neu­ter Kon­troll­ter­min wird be­stimmt.


ACT: Im­ple­men­tie­ren, wenn das Ziel er­reicht ist

So­bald die Ziel-Blut­druck­wer­te sta­bil er­reicht sind, wird die Me­di­ka­ti­ons­do­sis un­ver­än­dert bei­be­hal­ten. Ei­ne Än­de­rung wird erst vor­ge­nom­men, wenn das Ziel nicht mehr er­reicht wird – dann be­ginnt der Kreis­lauf wie­der von vor­ne mit PLAN.

Wer in fach­li­chen und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Be­lan­gen nach die­sem Sy­stem vor­geht, egal ob in der Be­hand­lung, beim An­ge­bot neu­er Pro­duk­te und Lei­stun­gen, bei der Su­che nach Er­satz für den Fax-Ka­nal oder beim Eli­mi­nie­ren von Feh­lern, ist ziel­ge­rich­tet und pro­ak­tiv un­ter­wegs und kann ganz ne­ben­bei Qua­li­tät trans­pa­rent auf­zei­gen. Das heisst aber auch: Nur mes­sen reicht nicht. Wer Zu­frie­den­heits­mes­sun­gen durch­führt, er­hebt da­mit Da­ten zum Punkt PLAN (Aus­gangs­la­ge) oder zum Punkt CHECK, das ist aber noch kei­ne Qua­li­täts­ar­beit. Die be­ginnt dann, wenn die Mes­sung in ei­ne Stra­te­gie ein­ge­bet­tet ist. Wenn al­so be­kannt ist, wo Pro­ble­me in der Or­ga­ni­sa­ti­on lie­gen, wenn da­zu ent­spre­chen­de Zie­le de­fi­niert wer­den und wenn die Mes­sung als Grund­la­ge dient, um Ver­bes­se­rungs­mass­nah­men zu de­fi­nie­ren und um­zu­set­zen. Wenn man so sy­ste­ma­tisch vor­geht, ha­ben al­le et­was da­von: Mit­ar­bei­ten­de, Pa­ti­en­ten, Kun­din­nen oder Lie­fe­ran­ten.

Aber Ach­tung: Auf die­se Wei­se wur­den schon ei­ni­ge müh­sa­me Pro­ble­me iden­ti­fi­ziert und mit über­ra­schen- den Lö­sun­gen be­ho­ben. Es be­steht die Ge­fahr, dass man da­bei Fan von Qua­li­täts­ma­nage­ment wird.

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